Freifunk und warum das Urteil um die „Raubkopier-Oma“ nichts mit Rothenburg zu tun hat

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Gestern wurde ein aufsehenerregendes Urteil des Amtsgericht Köln in Sachen Freifunk bekannt: das Gericht befand die fast 70-jährige Mutter eines Freifunk-Anbieters auf Antrag von Warner Bros. Entertainment des „illegalen Filesharings“ für schuldig.
Kurios dabei offenbar: die alte Dame besitzt selbst keinen eigenen Computer und nutzt auch den auf ihren Namen laufenden Internetzugang gar nicht selbst. Dennoch soll sie nun Schadenersatz in Höhe von 2.000 Euro zahlen.

Enorm war daraufhin die Aufregung in den sozialen Medien, die Verunsicherung groß: ist Freifunk am Ende doch kritisch?

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Auch in Rothenburg ob der Tauber gibt es seit 2013 Freifunk. Sogar in recht großem Stil. Über 400 Zugangspunkte bietet das rothenburger Freifunk-Netz seinen Nutzenden. Bis zu 1600 Personen gleichzeitig versorgt es in Stoßzeiten mit einem mobilen Internetzugang.
Wir haben daher bei der örtlichen Freifunk Community nachgefragt.

„Zunächst muss man festhalten, dass sich der jetzt behandelte Vorfall bereits 2015 zugetragen hatte. Und das, was da 2015 passiert ist, hat mit Freifunk im klassichen Sinne und daher speziell auch mit Freifunk, wie es in Rothenburg zum Einsatz kommt, nichts zu tun.
Im Grunde ist es eine Ansichts- und Formulierungssache. Da werden Dinge in einen Topf geworfen, die nichts miteinander zu tun haben“, erklärt Alexander Baß von der Freifunk Community Rothenburg.

Demnach gibt es „Hardcore-Freifunker“, die das Betreiben eines einfachen, offenen und ungeschützten WLAN als „Freifunk“ ansehen und auch so bezeichnen. Das ist, als würde eins sein privates WLAN unverschlüsselt und ohne Passwort betreiben. In diesem Fall gibt es keinerlei technische Infrastruktur, die den Anschlussinhaber vor dem Zugriff von Rechteinhabern, wie im speziellen Fall Warner Bros. Entertainment, schützt.

Alles, was über dieses freie WLAN läuft, ist unmittelbar auf die IP-Adresse des Anschlussinhabers zurückzuführen. Hierüber kann, durch Anfrage an den Provider, auch leicht eine zugehörige Adresse ermittelt werden. Das alles ist auch überhaupt kein Hexenwerk. Das war früher, zu den Hochzeiten der Tauschbörsen, bereits völlig gängige Praxis und ist es bis heute.

Dem gegenüber steht nun die Version von Freifunk, wie sie in den meisten Communities, auch Rothenburg, mit recht ordentlichem technischen Aufwand betrieben wird: die Freifunk-Router, mit dem unverschlüsselten und freien WLAN verbinden sich über ein VPN (virtuelles privates Netzwerk) mit den Gateway-Servern der jeweiligen Community. Im Hintergrund der Gateway-Server sorgt eine weitere VPN-Leitung ins „rettende“ (europäische) Ausland dafür, dass die IP-Adresse des Anschlusses, an dem der Freifunk-Router hängt, nirgendwo auftaucht.
So wird bei Freifunk klassischerweise die Haftung oder Störerhaftung für über das Netz transportierte Inhalte umgangen.

Und exakt so passiert es auch im Rothenburger Freifunk-Netz: wer das freie WLAN nutzt, hat nach außen hin eine niederländische IP-Adresse. Die Betreiber der einzelnen Knoten (Router) sind so außerhalb jeglicher Haftung.

Und genau hier kommen wieder die Hardcore-Freifunker ins Spiel, denn sie setzen sich dafür ein, dass der enorme technische Aufwand der Freifunk-Communities in Deutschland gar nicht erst notwendig ist. Denn im Grunde sind rechtlich alle Weichen gestellt, lediglich einzelne Gerichte scheren aus und sorgen für umstrittene Urteile, wie das aktuell um die „Raubkopier-Oma“ bekannt gewordene und das darf nach ihrer Ansicht einfach nicht sein.

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